Die Idee, durch eine Agentur Innovation und Transfer in einem - ähnlich zur DFGGrundlagenforschung - signifikanten Umfang zu fördern und damit das bislang brachliegende Innovationspotential in Deutschland deutlich zu heben, gehört seit Jahren zu den zentralen Anliegen unserer Hochschulgruppe. Im Positionspapier der Bad Wiesseer Tagung von 2018 wurde eine Agentur gefordert, die „eine wissenschaftsgeleitete und unabhängige Struktur [schafft] zur systematischen und strukturellen Förderung des auf anwendungsorientierter Forschung basierenden Innovationstransfers, die neben Projektförderungen auch Unternehmensgründungen und den dauerhaften Aufbau von Kooperationsstrukturen insbesondere zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Einrichtungen aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich sowie dem öffentlichen Sektor ermöglicht“.1 Dieser Ansatz wurde im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2021 aufgegriffen, „Unser Ziel ist die Stärkung von anwendungsorientierter Forschung und Transfer zur Schaffung und Stärkung regionaler sowie überregionaler Innovationsökosysteme. Dazu werden wir die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) gründen, um soziale und technologische Innovationen insbesondere an den HAW und kleinen und mittleren Universitäten in Zusammenarbeit u. a. mit Start-ups, KMU sowie sozialen und öffentlichen Organisationen zu fördern“2, und fand seinen Niederschlag im Prozess der DATI-Gründung. Wir freuen uns sehr, dass das DATIGründungskonzept nun vorliegt, und die Ressortabstimmung initiiert wurde.
Bereits vor Gründung der DATI wurden mit den so genannten „Innovationssprints“ und „Innovationscommunities“ zwei DATIpilot-Ausschreibungen aufgelegt. Die beiden genannten Module des DATIpilot haben neue Möglichkeiten der Förderung von unterschiedlichen Transferprojekten geschaffen. Die sehr hohe Anzahl an gestellten Anträgen – 2965 bei Innovationssprints und 483 bei Innovationscommunities – unterstreicht eindrucksvoll den Förderungsbedarf für Innovation und Transfer. Insgesamt beträgt der Anteil der geförderten Innovationssprints, die von HAW koordiniert werden, 38 % und 35 % bei den Innovationscommunities.
Aus unserer Sicht muss der Anteil der HAWs an der Förderung der DATI gegenüber dem Piloten durch entsprechende Ausschreibungsverfahren deutlich erhöht werden, um die vereinbarten Ziele des Koalitionsvertrages zu erreichen. Ohne die Akteurinnen und Akteure von HAWs, die den Prozess unermüdlich vorangetrieben und begleitet haben, wäre die Gründung der DATI nicht denkbar gewesen. Dieses Engagement muss sich in der Förderung für unseren Hochschultyp auszahlen.
Für zukünftige Ausschreibungen erhebt die Mitgliedergruppe der HAW daher folgende Forderungen.
Innovationsprints
Kurzfristig und kurzzeitig angelegte Innovationsprojekte mit dem Ziel, im Verbund die Wirksamkeit von Innovationsideen experimentell überprüfen zu können, sind sehr geeignete Innovationsförderungen und sollten fortgeführt werden. Mit Blick auf diese Zielsetzungen ist die Dauer von ca. einem Jahr von der Beantragung bis zum Start der Projekte ist jedoch deutlich zu lang. Hier ist eine deutliche zeitliche Straffung notwendig, um die Aktualität der Projektideen zu wahren.
Die Bewilligungsquote von ca. 10 % aller eingereichten Skizzen ist viel zu gering. Dem kann mit einer Anpassung des Fördervolumens und einer stärkeren Fokussierung der Antragsbedingungen entgegengewirkt werden. Die HAW regen hier an, die kombinierte Expertise der Antragstellenden in den Bereichen Transfer und Praxiserfahrung als Förderkriterium aufzunehmen, z.B. durch den Nachweis entsprechender Berufserfahrung im außerhochschulischen Bereich von Antragstellenden aus dem wissenschaftlichen Umfeld.
Innovationscommunities
Die Innovationscommunities zielen auf das Kerngeschäft von HAW ab, die sich im regionalen Umfeld in Kooperation mit unterschiedlichen Playern, sei es aus der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft, den Kommunen oder anderen Forschungs- und Bildungseinrichtungen, verorten und mit diesen Partnern gemeinsame Forschungs- und Transferprojekte entwickeln. Diesen Ansatz begrüßen wir daher ausdrücklich.
Es hat sich im Ergebnis der Pilotausschreibung eindeutig gezeigt, dass das bereitgestellte Fördervolumen nicht im Geringsten ausreicht, um den großen Förderbedarf von Innovationsund Transferprojekten zu befriedigen und deren Potential zu heben. Legt man die 483 eingegangenen Antragsskizzen zu Grunde, ergibt sich eine Förderquote von 4 %! Im Bereich der Grundlagenforschung betrug die Bewilligungsquote im Vergleich hierzu 24,5- 29,1 % (2022)3 und ist damit um mehr als einen Faktor von 7 höher. Diese extrem geringe Erfolgsquote ist den antragstellenden Communities schwer zu vermitteln und könnte ohne rasche und wahrnehmbare Signale für eine deutliche Steigerung des Fördervolumens zu einer Zurückhaltung bei Folgeausschreibungen führen und sich so kontraproduktiv auswirken.
In Zukunft sollte die Vergabe großer Förderbudgets wie der „Innovationscommunities“ an strengere Kriterien an die antragstellenden Personen (s.o.), an die antragstellenden Organisationen bzw. Organisationseinheiten und an eine transparente Auswahl der in diesem Sinne geeigneten Jurymitglieder gebunden werden, z.B. nachweisbare Erfolge in vergangenen Transferprojekten und konkrete Ergebnisse in der anwendungsorientierten Forschung und ihrer Implementation in die Bereiche von Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft. Nur so wird die DATI ihrer Aufgabe „die hervorgehobene Rolle der HAWs“4 im vorliegenden DATI-Gründungskonzept sicherzustellen, gerecht werden.
Die Transparenz im Bewerbungs- und Entscheidungsprozess ließ zu wünschen übrig. Es muss künftig ein verpflichtender zeitlicher Rahmen nicht nur für Antragstellende, sondern auch für die Rückmeldung aus den Entscheidungsgremien vorgegeben werden.
Wir haben mit Ausdauer und konstruktiven Vorschlägen die Arbeit der Bundesregierung bei der Gründung der DATI begleitet. Nun erwarten wir von den Ressorts rasche Schritte zur Umsetzung des Vorhabens, um die bestehende Aufbruchstimmung bei den Akteuren unseres Hochschultyps und unseren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Partnerinnen und Partner nicht ins Leere laufen zu lassen.
Die ausgewählten Innovationssprints - BMBF
DATIpilot Modul2 Auswahl 2 - BMBF
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1 BadWiessee_2018_Positionspapier-1_DeutscheTransfergemeinschaft_final_18.7.2018.pdf (badwiesseerkreis.de)
2 Koalitionsvertrag SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, FDP, 2021.
3 https://www.dfg.de/de/aktuelles/zahlen-fakten/statistik/bearbeitungsdauer
4 Einen Schritt weiter - Wiarda-Blog (jmwiarda.de) bezieht sich auf das interne Konzeptpapier des BMBF, welches am 29.4.2024 in die Ressortabstimmung gegeben wurde
Quelle: Bad Wiesseer Kreis